Rechtliche Betreuung
Bei der rechtlichen Betreuung erhält ein Betreuer unter gerichtlicher Aufsicht die Vertretungsmacht für einen Volljährigen. Sie dient dazu, Rechtshandlungen im Namen des Betreuten zu ermöglichen, die dieser selbst nicht mehr vornehmen kann und wird zeitlich und sachlich für entsprechende Aufgabenkreise beschränkt. Die Unter Betreuung wird die rechtliche Vertretung verstanden und nicht eine Sozial- oder Gesundheitsbetreuung. Die rechtliche Betreuung ist seit 1992 an die Stelle der früheren Vormundschaft über Volljährige und der Gebrechlichkeitspflegschaft getreten und geht über sie deutlich hinaus.
Das Betreuungsrecht ersetzt die frühere Entmündigung.Die Betroffenen bleiben mit Ausnahme des Einwilligungsvorbehalts geschäftsfähig, wahlberechtigt, ehe- und testierfähig.
Kann ein Volljähriger auf Grund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung seine Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen, so bestellt das Betreuungsgericht für ihn auf seinen Antrag oder von Amts wegen gemäß § 1896 BGB einen Betreuer.
Voraussetzung der Betreuerbestellung ist eine psychische Krankheit oder eine körperliche, geistige oder seelische Behinderung.
- psychische Krankheiten: Hierzu zählen alle körperlich nicht begründbaren seelischen Erkrankungen; jedoch auch seelische Störungen als Folge von Erkrankungen (z. B. Hirnhautentzündungen) oder Hirnverletzungen. Gleiches gilt für Neurosen, Zwangserkrankungen oder Persönlichkeitsstörungen (früher: Psychopathien)
- geistige Behinderungen: Hierunter fallen angeborene sowie die während der Geburt oder durch frühkindliche Hirnschädigung erworbenen Intelligenzdefekte verschiedener Schweregrade
- seelische Behinderungen: dies sind langdauernde psychische Beeinträchtigungen, die als Folge psychischer Störungen zu verstehen sind, dazu gehören auch die Auswirkungen hirnorganischer Beeinträchtigungen (Demenz), die insbesondere mit zunehmendem Alter häufiger sind (z. B. Demenz vom Alzheimer-Typ)
- körperliche Behinderungen können ebenfalls Anlass für die Bestellung eines Betreuers sein; allerdings nur auf Antrag des Betroffenen, und die Behinderung muss die Fähigkeit zur Besorgung der eigenen Angelegenheiten erheblich beeinträchtigen (z. B. bei dauernder Bewegungsunfähigkeit oder Taubblindheit).
Die größte Gruppe der unter Betreuung stehenden Menschen sind alte Menschen, die an der Alzheimerkrankheit oder einer anderen Demenz erkrankt sind. Daneben benötigt ein Teil geistig behinderter Menschen im Erwachsenenalter einen Betreuer.
Auch Suchterkrankungen (beispielsweise Alkohol- oder Rauschgiftabhängigkeit) können bei entsprechendem Schweregrad psychische Krankheiten sein; die Sucht muss aber im ursächlichen Zusammenhang mit einer Behinderung oder geistigen Erkrankung stehen oder es muss ein auf die Sucht zurückzuführender psychischer Zustand eingetreten sein.Alkoholikern und Drogensüchtigen kann daher kein Betreuer bestellt werden, solange nur eine Suchterkrankung vorliegt.
Weiter muss für eine Anordnung einer Betreuung die psychische Erkrankung oder Behinderung dazu führen, dass der Betroffene als Folge der Behinderung oder Krankheit seine Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht eigenständig besorgen kann. Die Betreuung wird nur für die notwendigen Aufgabenkreise und die erforderliche Dauer eingerichtet
Die Bestellung eines Betreuers ist nicht erforderlich, wenn die Angelegenheiten des Betroffenen auch durch andere Hilfen ohne die Einschaltung eines gesetzlichen Vertreters besorgt werden können. Anderweitige Hilfe kann z. B. durch Familienangehörige, Nachbarschaftshilfe oder soziale Dienste oder hierzu Bevollmächtigte erfolgen. Die Betreuung nach dem BGB ist somit subsidiär (nachrangig).
Mit einer Vorsorgevollmacht kann man für den Fall seiner Betreuungsbedürftigkeit einer Person seines Vertrauens Vollmacht für alle eventuell anfallenden Rechtsgeschäfte erteilen und so die Anordnung einer Betreuung vermeiden. Hierfür müssen ggf. bestimmte Formvorschriften beachtet werden.
Wer seinen Willen frei bestimmen kann, darf keinen rechtlichen Betreuer gegen seinen Willen bestellt bekommen.
Die Betreuungsanordnung erfolgt in einem gerichtlichen Verfahren, für das spezielle Verfahrensgarantien festgelegt wurden. Der Betreute ist immer verfahrensfähig und kann zum Beispiel gegen Beschlüsse Beschwerde einlegen und/oder einen Anwalt oder einen sonstigen geeigneten Verfahrensbevollmächtigten mit seiner Vertretung beauftragen.
Der Betreute muss durch einen unabhängigen Sachverständigen begutachtet werden. Ein (selbst vorgelegtes) ärztliches Zeugnis ist nur dann ausreichend, wenn der Betroffene eine Betreuerbestellung selbst beantragt.
Die Betreuerbestellung ist keine endgültige Angelegenheit. Der Betreute kann beim Betreuungsgericht die Prüfung und Aufhebung der Betreuung beantragen. Das Gericht ist verpflichtet, der Prüfung nachzukommen, sofern nicht immer wieder Anträge gestellt werden. Von sich aus prüft das Betreuungsgericht zumindest alle sieben Jahre, ob die Betreuung unverändert fortzuführen ist. Fällt der Handlungsbedarf für eine Betreuung weg, ist die Betreuung vom Gericht aufzuheben, was in der Praxis auch häufig vorkommt.
Die Geschäftsfähigkeit des Betreuten bleibt unabhängig von der Anordnung einer Betreuung bestehen. Sowohl der Betroffene als auch der Betreuer können rechtswirksam handeln. Das Betreuungsgericht kann gesondert anordnen, dass der Betreute zu einer Willenserklärung (und damit zum Abschluss von Verträgen) im Rahmen des Aufgabenkreises des Betreuers dessen Einwilligung bedarf (Einwilligungsvorbehalt). Dies führt zur Einschränkung der Geschäftsfähigkeit.